Update 28.11.2020: Stellungnahme zur Musikschulschließung

Wir sind sehr erfreut, dass die Argumente unserer Stellungnahme (siehe unten) an die Sächsische Landes-regierung von Anfang September mit dazu beigetragen haben, dass Musikschulen ab dem 01.12.2020 für den Einzelunterricht wieder geöffnet sind. Diese Lockerung kam für uns aufgrund der weiter steigenden Infektionszahlen völlig unerwartet. Musikschulen wurden nun ganz bewusst als Bildungseinrichtung eingeordnet und die musikalische Ausbildung wird als Berufsvorbereitung angesehen. An dieser Stelle gilt unser besonderer Dank der sächsischen Kulturministerin Barbara Klepsch, die sich hier in hervorragender und unnachgiebiger Weise für die Musikschulen in Sachsen eingesetzt hat.

Presseerklärung des Ministeriums für Kultur und Tourismus:

Einzelunterricht an Musikschulen ab Dezember wieder möglich

Kulturministerin Klepsch: "Musikschulen haben Bildungsauftrag für schulische und berufliche Bildung" Sachsen ermöglicht ab dem 1. Dezember 2020 den Einzelunterricht an Musikschulen im Freistaat. Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch hatte sich bei der Überarbeitung der Sächsischen Corona-Schutzverordnung erneut intensiv für die Öffnung der Musikschulen eingesetzt.

"Die Musikschulen sind wichtige Träger der musischen Bildung und haben durchdachte Hygienekonzepte. Zudem haben Musikschulen einen Bildungsauftrag für die schulische und berufliche Vorbereitung von Kindern und Jugendlichen. Dafür ist der Präsenzunterricht für Schülerinnen und Schüler in der Sächsischen Begabtenförderung und in der Studienvorbereitung unabdinglich. Aus diesem Grund habe ich mich mehrfach dafür eingesetzt, dass wir in Sachsen den gleichen Weg wie alle anderen Bundesländer gehen und den Besuch der Musikschulen zunächst für den Einzelunterricht wieder möglich machen", sagte Staatsministerin Barbara Klepsch.

Gemeinsam mit dem Landesverband Sachsen im Verband deutscher Musikschulen und dem Sächsischen Musikrat hat das Sächsische Staatsministerium für Kultur und Tourismus zudem einen Stufenplan für die Öffnung der Musikschulen erarbeitet. Die Musikschulen werden auch weiterhin umfangreiche und gute Hygienekonzepte umsetzen. Unter Beachtung der aktuellen Pandemiesituation soll eine weitere Öffnung der Musikschulen in drei Phasen erfolgen. Vom Einzelunterricht, über den Musikschulunterricht mit maximal fünf Personen bis hin zum Unterricht mit fünf bis maximal zehn Personen. 

Stellungnahme der MSGL vom 03.11.2020

An die sächsische Landesregierung. 

Die Ankündigung vergangene Woche, in den Corona-Regeln bundeseinheitlich vorzugehen, hat uns in Bezug auf die Musikschulen in Sachsen sehr zuversichtlich gestimmt. Hinzu kam die Meldung am Donnerstag, dass sich die Ressortchefs (Kulturminister) bundesweit einig sind, die Musikschulen offen zu halten.  

Umso ernüchternder war für uns die Nachricht vom Freitagabend, dass die Musikschulen in Sachsen geschlossen werden. Damit sind wir eines von nur drei Bundesländern (NRW, Hessen, Sachsen) in Deutschland. (Stand  06.11.2020: Sachsen ist mittlerweile das einzigste Bundesland in Deutschland).

Folgende Argumente lassen uns an der Verhältnismäßigkeit dieser Entscheidung zweifeln:

  1. 1. Im Frühjahr wurden wir noch ganz selbstverständlich als Bildungseinrichtung wahrgenommen und sind gemeinsam mit den Allgemeinbildenden Schulen geschlossen und auch wieder geöffnet (abgesehen von den Abschlussjahrgängen Klasse 4, 10 und 12) worden. Jetzt werden wir als Freizeiteinrichtung eingeordnet, auf die man ohne weiteres verzichten kann. (Der MDR führt die Musikschulen sogar unter dem gleichen Anstrich wie Zoos, Diskotheken, Spielbanken und Prostitutionsstätten auf.

    Nicht nur nach unserem Verständnis sondern von Amtswegen schon sind wir durch die Befreiung von der Umsatzsteuer als Musikschule eine Bildungseinrichtung, die bei einem "Lockdown light" eigentlich gleichermaßen offenzuhalten ist, wie Allgemeinbildende Schulen. (Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG - ausgestellt von der sächsischen Bildungsagentur)

  1. 2. Die sächsische Corona-Schutz-Verordnung besagt, dass sich bis zu 10 Personen zweier Hausstände in der Öffentlichkeit bzw. 5 Einzelpersonen unterschiedlicher Hausstände im privaten Bereich treffen dürfen. Warum werden Musikschulen hier überreguliert? Ein Einzelunterricht mit Lehrkraft und Schüler ist von dieser Regelung eigentlich abgedeckt. Das würde theoretisch sogar einen Kleingruppenunterricht von Lehrkraft und 4 weiteren Schülern ermöglichen. Ein Klassenverband mit 28 Kindern hat ein deutlich höheres Infektionsrisiko als die übliche Unterrichtsform in Musikschulen.

  2. 3. Bei der Auslegung der Corona-Schutz-Verordnung wird musikalischer Einzel- und Kleingruppenunterricht unterschiedlich bewertet. Unterschieden wird zwischen Unterricht in Musikschulen und privatem Musikunterricht.
    - Private Musikpädagogen dürfen ihre Schüler daheim unterrichten. Nichts anderes passiert übrigens inhaltlich in Musikschulen. Dort ist es aber verboten.
    - Am Landesgymnasium für Musik findet Instrumental- und Gesangsunterricht statt, obwohl eigentlich "externe" Lehrer in Schulen nicht erlaubt sind. Uns wurden aus diesem Grund übrigens alle GTA's in Allgemeinbildenden Schulen sowie MFE's in KITA's abgesagt.

  3. 4. Durch ausgefeilte Hygienekonzepte, AHA-Regeln, die Gewährleistung einer lückenlosen Nachverfolgbarkeit von Lehrkräften und Schülern, gestaffelten Unterrichtsbeginn sowie Einzel- und Kleingruppenunterricht, die eine Ansammlung von Menschenmengen nicht ermöglichen, besitzen Musikschulen ein geringeres Infektionsrisiko als in Allgemeinbildenden Schulen oder zu Stoßzeiten im ÖPNV oder in Supermärkten, etc.

  4. 5. Etwa 75% unserer Schüler sind zwischen 0 und 18 Jahren, also Kinder und Jugendliche. Laut einer Studie, die von Bundesfamilienministerin Giffey am 16.10.2020 vorgestellt wurde, ist die junge Generation kein Infektionstreiber. Aus diesem Grund wurden doch u.a. auch die KITA's und Schulen offen gehalten.

  5. 6. In Musikschulen bilden wir "berufsbezogen" aus (§4 Absatz 1 Punkt 1 sächsische Corona-Schutz-Verordnung). Das sind eigentlich Einrichtungen, die laut Allgemeinverfügung nicht verboten sind. Deswegen verwundert uns die Schließung der Musikschulen sehr. Wir unterrichten die Dirigenten, Orchestermusiker, Popstars, Jazzmusiker, Solisten, Musicaldarsteller, Voice-Of-Germany-Gewinner, Arrangeure, Produzenten, Musiktheoretiker, -wissenschaftler, u.v.m. von morgen. Dieser erneute Einschnitt kann hier zu frühzeitigen biografischen Brüchen führen. Einige Schüler befinden sich derzeit in der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung eines Studiums für Musik, Lehramt Musik (Gymnasium, Oberschule, Grundschule), Musikpädagogik, Musiktherapie, als Tonmeister oder Musicaldarsteller,...

Aus diesen Gründen möchten wir Sie freundlich darum bitten, die derzeitige Allgemeinverfügung zu überdenken und in der Form anzupassen, dass wir als Bildungseinrichtung auf Grundlage der Hygienevorschriften den Einzel- und Kleingruppenunterricht bis zu 5 Personen (Lehrkraft und 4 Schüler) durchführen können.
Wir freuen uns über eine zeitnahe positive Rückmeldung.

Freundliche Grüße
Daniel Scheufler | Musikschulleiter und Vorstandsvorsitzender Musikschule Goldenes Lamm e.V.



« zurück