11.01.2022: Stellungnahme zur geplanten 2G-Regelung an Musikschulen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmer, 
sehr geehrte Frau Staatsministerin Klepsch,
sehr geehrte Frau Staatsministerin Köpping, 

wir möchten Bezug nehmen auf die am vergangenen Wochenende angekündigte Öffnungsstrategie für Musikschulen, die wir mit großer Sorge betrachten. Hierzu unsere Stellungnahme mit der freundlichen Bitte um Berücksichtigung. 

Die Entscheidung, den Musikschulbesuch ab der kommenden Woche unter die 2G-Regelung fallen zu lassen und Musikschulen nicht mehr als Bildungseinrichtung zu betrachten, ist für uns weder aus infektiologischer, gesellschaftlicher noch pädagogischer Sicht nachvollziehbar.

1. Die Musikschule ist eine Bildungseinrichtung

Musikalische Bildung ist Allgemeinbildung. Musikschulen füllen mit ihrem Bildungsangebot eine Ausbildungslücke, die von Allgemeinbildenden Schulen nicht abgedeckt wird. Damit erfüllen Musikschulen einen klaren Bildungsauftrag, Kinder und Jugendliche auf einen späteren Beruf, ein Studium oder eine Ausbildung vorzubereiten. Von daher müssen für Musikschulen in der Frage der erlaubten Zugangsberechtigung während der Corona-Pandemie die gleichen Regeln anzuwenden sein wie für Allgemeinbildende Schulen. Auch Erwachsene sind auf die Weiterbildungsangebote von Musikschulen angewiesen (zweiter Bildungsweg, Quereinsteiger Lehramt Musik, KITA-Erzieherinnen, Seniorenbegleiterinnen für Musikgeragogik, etc.). Diesem Bildungsauftrag können wir mit Aberkennung des in den Corona-Schutz-Verordnungen bis Mitte November 2021 geführten Status einer Bildungseinrichtung nicht mehr nachkommen.

2. Musikschulen sind keine Freizeiteinrichtung, auf die u.U. verzichtet werden kann 

Die Probleme und Herausforderungen in Gastronomie, Hotelgewerbe, Kultureinrichtungen sind bekannt und aus Sicht der Betreiber existenziell bedrohlich. Aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer kann temporär auf diese nicht lebensnotwendigen Einrichtungen der Freizeitgestaltung verzichtet werden. Eine Alternative zur gewohnten Urlaubs- und Freizeitgestaltung wird ohne 2G-Nachweis auf dem Bildungsweg keinen wesentlichen Nachteil bringen. Die Situation, ohne 2G-Nachweis keine musikalische Bildung erhalten zu dürfen, ist jedoch erdrückend und kann zu biografischen Brüchen führen, für die wir Verantwortung tragen. Ein regelmäßiger und lückenloser Präsenzunterricht ist ein unverzichtbarer Bestandteil der musikalischen Entwicklung, die bei Inanspruchnahme des o.g. Genussprinzips enorm gefährdet wird.

3. Musikalische Bildung muss für alle Menschen verfügbar sein

Musikalische Bildung muss für alle Menschen zugänglich sein - unabhängig vom Alter, der Gesellschaftsschicht, der sozialen und regionalen Herkunft, der Weltanschauung und unabhängig des Impf- oder Genesenennachweises. Trotz einer lediglich ausgesprochenen Empfehlung zur Impfung wird nun in einem nicht-medizinischen Bereich der Gesellschaft durch die 2G-Regelung der Zugang zu Bildung limitiert und damit innerhalb der Gesellschaft selektiert. Eine einheitliche Regelung für Musikschulen ist damit nicht mehr erkennbar und genauso wenig vermittelbar. 2G im Bildungsbereich können wir nicht akzeptieren, da die Corona-Impfung bisher auf Freiwilligkeit beruht, die musikalische Bildung allerdings Zukunft, Existenz und Lebens- bzw. Bildungsnotwendigkeit bedeutet.

4. Infektologische und finanzielle Lage der Musikschulen

Wir haben als Musikschule viel Zeit und Geld in die Umsetzung unseres Hygienekonzeptes investiert. Der Unterricht findet daher überwiegend als Einzel- und Kleingruppenunterricht statt. Eine Musikschullehrkraft hat bei 8 Schülern am Tag wesentlich weniger Kontakte als eine Lehrkraft an einem Gymnasium in einer Unterrichtsstunde. Musikschulen sind in der Vergangenheit nie für Corona-Hotspots, vermehrte Corona-Ausbrüche oder Regelverstöße bekannt geworden. Warum sollen für Musikschulen bei derzeit gleicher "7-Tage-Inzidenz Hospitalisierung" wie im Oktober 2021 nun deutlich beschränktere Zugangsmöglichkeit gelten? Die Unterrichtsperspektive wird für unsere Schülerinnen und Schüler sowie für unsere finanzielle Situation immer prekärer. Wir bräuchten zur Umsetzung der Vorschriften eigentlich mehr Personal, mussten aber im vergangenen Jahr coronabedingt Personal abbauen. Weiterhin konnten wir 2021 laut den Bedingungen der Förderrichtlinie keine Corona-Ausfallhilfe bekommen. Das hat musikschulspezifische Gründe, die jedoch an anderer Stelle erörtert werden müssen.

5. Unsere Forderungen

Die geplante 2G-Regelung darf an Musikschulen nicht umgesetzt werden.

Wir fordern ... 

  • ... das Fortbestehen der bewährten und erfolgreich funktionierenden 3G-Regelung (in den Corona-Schutz-Verordnungen bis Mitte November 2021) in Musikschulen.

  • ... von der Politik ein klares Bekenntnis, dass Musikschulen verbindlich als Bildungseinrichtung einzuordnen sind und damit Maßnahmen zugrunde gelegt werden, die denen von Allgemeinbildenden Schulen entsprechen.

  • ... eine klare politische Entscheidung, ob es eine Impfpflicht geben wird oder es weiterhin auf Freiwilligkeit beruht. Bis dahin dürfen Musikschulen aufgrund ihres gesellschaftlichen Bildungsauftrages nicht gezwungen werden, einzelnen Personen auf Grund des 2G-Nachweises den Unterricht zu verweigern und damit zur gesellschaftlichen Spaltung beizutragen.

Wir bedanken uns für die Beachtung und hoffen, dass die aufgeführten Bitten in der neuen Corona-Schutz-Verordnung zur Anwendung kommen. Wir wünschen Ihnen für Ihre Arbeit Weisheit, Durchhaltevermögen und Gottes Segen.

Freundliche Grüße
Daniel Scheufler | Vorstandsvorsitzender und Leiter Musikschule Goldenes Lamm e.V.

Dresden, 11.01.2022



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